23. oktober 1999
ich sitze in meinem "indianerzimmer", habe ein räucherstäbchen angezündet, höre leise meditationsmusik, eine kerze brennt und ich hab die augen geschlossen.
ich bin unglücklich, weil ich in einen menschen verliebt bin, der eindeutig auf der schwarzen seite ist. er trinkt und kifft und macht party, und ich soll zu hause sitzen und brav bleiben und vernünbftig sein und schamanisch arbeiten. er hat seinen spaß, ich soll immer ernst bleiben. ich bin frustriert und es juckt mich in den fingern, mal kurz über die grenze zu schauen..... wie es ist, da drüben. ein freund sagt zu mir: "du spielst gerne mit dem feuer- verbrenn dir nicht die finger an solchen leuten".
ich gehe also in die geistwelt. treffe dort mein krafttier, den bären, und frage ihn, ob ich einfach nur zum kuscheln kommen könne.
er erlaubt es mir, und so lege ich mich neben ihn auf den boden der höhle, kraule sein fell, kraule ihn zwischen den ohren, streichle sein gesicht.
dann frage ich ihn etwas verzweifelt, ob er mir sagen könne, wie ich mich zwischen schwarz und weiß entscheiden soll.
mir wurde ja imemr wieder sowohl in der geistwelt, als auch in der alltäglichen wirklichkeit gesagt, daß ich mich entscheiden müsste. dabei war ich doch überzeugt, daß ich rein weiß arbeiten würde, (ich nannte das zu der zeit noch "weiße magie" hatte allerdings keine ahnung, daß es keine magie war, sondern einfach nur schamanismus, ich hab immer nur das getan, was die geister erlaubten und hätte nie jemandem schaden zugefügt.
ich fragte mich, wieso diese entscheidung überhaupt zur debatte stand.
aber immer wieder hatte ich kontakt zu sehr schwarzen menschen. zu der zeit hatte ich noch viele brieffreunde, ich wollte damals wissen, was es alles gab, ich schrieb mördern in gefängnissen, satanisten die in rockbands spielten, grufties aus amerika und deutschland, gothics, punks, und vielen anderen leuten. und ich kannte zu der zeit an dem ort, wo ich damals lebte eben viele, denen sozusagen "der teufel aus den augen schaute" und fand diese leute immer sehr faszinierend- das hat sich zwischenzeitlich übrigens geändert, ich kann seit jahren gar nichts mehr damit anfangen, und vielleicht liegt das auch an meiner damaligen entscheidung)
immer wenn ich wieder eine solche seele kennenlernte, die extrem auf der dunklen seite unterwegs war, dann kam also wieder diese frage: "schwarz oder weiß"???
als ich dem bären diese frage gestellt hatte, da führte er mich zu zwei wegen. einer führte in die dunkelheit, der andere führte an ein helles licht.
ich dachte natürlich keine sekunde lang nach, und entschied mich für den weg,der ans licht führte.
und genau in der sekunde, als ich meinem krafttier sagte, daß ichd en hellen weg nehmen würde, da stand urplötzlich neben mir ein mann in der geistwelt.
ich sah ihn von der seite, und er schaute auf den weg, den ich gewählt hatte. seine gesichtszüge waren eindeutig indianisch, er hatte lange graue haare, und schien so um die 40 jahre alt zu sein. er trug hellbraunes ledergewand, und hatte ein sehr freundliches gesicht.
ich hatte ihn nie zuvor gesehen. weder in der NAW noch in der AW. er deutete auf den weg, und sagte mit einem lächeln, daß ich ihn betreten soll.
ich fragte ihn aber erstmal, wer er denn sei, und er antwortete: "ich bin jonahe- dein geistführer". (betonung seines namens liegt auf dem "a")
ich war total baff und fragte, wieso er sich bisher nie gezeigt hat. da meinte er mit einem schulterzucken, daß ich ihn bisher nie gesucht oder gerufen habe.
ich lachte und nahms eine hand und bat ihn, mich auf dem weg zu begleiten. ich fühlte mich total glücklich, ihn gefunden zu haben. und zum ersten mal traf ich ein menschliches wesen in meiner geistwelt. es war ein tolles gefühl, nun zu zweit zu sein.
ich wollte mein erlebnis mit dem hellen weg unbedingt mit ihm teilen, und so gingen wir gemeinsam, hand in hand, den weg entlang, bis wir in einer wunderschönen blumenwiese landeten, auf der schmetterlinge herumflatterten, und in dessen mitte sich ein kleiner bach durchschlängelte.
wir setzten uns an das ufer des baches, und schauten uns lächelnd um.
es plätscherte und gluckste, blumen blühten überall, hinter uns befand sich der waldrand.
nach einer weile fragte ich jonahe, wieso ich diesen jungen nicht lieben durfte.
und ich bekam damals die einzige antwort, die ich zu dieser zeit akzeptieren und verstehen konnte.
er sagte mir, daß es viele arten von liebe gäbe.
ich solle mir vorstellen, daß ich meinen bruder nicht mehr lieben dürfe.
es würde mir genauso das herz zerreissen, wie jetzt bei diesem jungen, den ich ja meiner meinung nach auch nicht lieben dürfte.
ich solle endlich erkennen, daß ich JEDEN lieben darf, allerdings müsse ich lernen, meine gefühle einzuordnen, sie nicht verkrampft festzuhalten, die verschiedneen arten von liebe zu unterscheiden, die gefühle einfach kommen und gehen zu lassen, sie FLIESSEN zu lassen. und dabei schaute er den bach an , an dessen ufer wir saßen.
er sagte, ich wäre durch meine schamanische/ spirituelle arbeit sehr empfänglich geworden, wenn es um gefühle und emotionen geht.
manchmal empfinde ich so viel auf einmal, daß ich es kaum ertragen kann.
ich liebe ja nicht nur menschen, sondern auch tiere, pflanzen, bäume, einen wasserfall, einen berg oder die stille im wald. all das sind genauso tiefe gefühle, wie ich sie empfinde, wenn ich einen menschen liebe- egal auf welche art.
ich liebe natürlich auch meine familie, meinen bruder, meine freunde- und eben auch diesen jungen...
ich solle diese gefühle einfach annehmen, und mich nicht wehren dagegen, kein schlechtes gewissen haben, nicht traurig sein, sondern mich darüber freuen. die gefühle akzeptieren und fließen lassen.
nicht verkrampft versuchen, sie zu erklären, zu verstecken, oder zu begreifen.
dann hörte ich weider das plätschern des baches. ich hörte auf jonahes worte, und tränen stiegen mir in die augen. ich hab mich nie zuvor so glücklich und verstanden gefühlt wie in diesem moment.
jonahe berührte eine meiner tränen und sagte, daß ich sie genauso fließen lassen solle, wie der bach vor uns.
er sagte, daß tränen reinigend sind, und daß sie das gewässer sind, das das herz antreibt. ohne tränen könne das herz nicht richtig wirken.
plötzlich sah ich, daß der bach vor uns in einen wasserfall floss, und diesen wasserfall kannte ich bereits aus meiner geistwelt! ich staunte und stellte fest, daß sich diese neue welt mit der blumenwiese direkt an meine bisherige geistwelt, die ich bisher kennengelernt hatte, angeschlossen hat. als wäre ein unsichtbarer teil sichtbar geworden. meine geistwelt wurde größer.
ich stand ober diesem wasserfall und schaute runter auf den bau meines krafttieres. und jonahe stand hinter mir, und in dem moment begriff ich, daß liebe kein schwarz oder weiß kennt. daß liebe für alle da ist. sie kümmert sich nicht darum, wem sie gegeben wird. sie gibt ohne zu fordern. sie fließt einfach.
etwa zwei stunden nach dieser wunderschönen geistreise kam der junge um mich zu besuchen.
er hatte eine heavy metal- CD mitgebracht und wollte im wohnzimmer kiffen.
ich überredete ihn schließlich dazu sich hinzulegen, und sich mal eine meditations- CD anzuhören.
das tat ich einfach intuitiv. ich erwartete mir nicht wirklich, daß er das tun würde- er war nicht der typ dazu. aber er gehorchte seltsamerweise, legte sich auf die couch, und schloss die augen.
eine halbe stunde lang hörte er aufmerksam zu, entspannte sich total, und sein atem wurde immer ruhiger, bis ich dachte, er würde schlafen.
ich saß nur daneben und beobachtete ihn und freute mich, daß er da war. und daß er ein kleines stück in meine welt eintauchte in dem moment.
und ab diesem moment sah ich ihn wie einen bruder. wir hatten nie was miteinander. obwohl wir zwei jahre lang geflirtet haben. er nannte mich seine beste und einzige freundin, und ich empfand es dann wirklich so, als ob er ein bruder für mich wäre.
ab und zu besuchte er meine welt. und ab und zu besuchte ich seine welt. aber ich besuchte seine welt bewusst, ich wusste, was ich tat und sie war keine gefahr mehr für mich.
die dunkle seite ist nicht mehr spannend. sie hat ihre kraft für mich verloren. manchmal, wenn ich für jemanden etwas auf der dunklen seite arbeiten muss, dann sehe ich sie mir genau an und spüre, was dort los ist.
und jetzt bin ich nicht mehr neugierig, sondern ich achte nur darauf, was passiert. die angst war eigentlich nie da. es war mehr die versuchung. die ist jetzt ganz weg. manchmal lasse ich ein lächeln drüben. und manchmal bin ich traurig, wenn ich zurück kehre. nicht weil ich sie verlassen musste, sondern weil mir die wesen dort drüben leid tun. sie tun mir einfach nur leid. ich habe mitgefühl für sie.
sedna