Merlins Baumzauber 8
Der Holunder. „Rinde, Beere, Blatt und Blüte, jeder Teil ist voll Kraft und Güte, jeder segensvoll.“ alter Reim
Seit Urzeiten wird der schwarze Holunder (Sambucus nigra) als grüner Hüter von Haus und Hof meist an die fruchtbarste Ecke des Anwesens, also in die Nähe des Misthaufens gepflanzt. Pflanzt man ihn nicht absichtlich, sind es meist Vögel oder die Menschen selbst, die für seine Verbreitung sorgen. Ging ein Holunder von selbst auf, galt dies als gutes Zeichen, und kein Bauer hätte gewagt, den Schutzbaum auszuhacken. In der „Cimbrischen Heidenreligion“ aus dem Jahre 1703 berichtet der Verfasser Trogill Arnkiel, dass in seiner Bubenzeit kein Mensch riskiert, einen Holunderbaum zu unterhauen (Äste auszuschneiden). War es dennoch einmal notwendig, musste man vorher in die Knie gehen, die Hände falten und beten: „Frau Ellhorn, oder Frau Holle, gib mir was von Deinem Holze, dann will ich Dir auch von meinem geben, wann es wächst im Walde“.
Woher diese Ehrerbietung dem Holunderbaum gegenüber stammt, wird leichter verständlich, wenn man seinen Namen genauer reflektiert. Vielerorts wird der Holunder „Holler“ genannt, und in Österreich sowie im gesamten süddeutschen Raum opferten unsere Ahnen unter dem Bäumchen einer urtümlichen, lichtbringenden Muttergottheit, die später zur Frau Holle verballhornt wurde. Diese segensbringende Göttin lebte im Blattwerk und Geäst dieses Heilbaumes und wehrte alles Übel vom Hofe ab. In der Frau Holle ist das Holde, Hulde, Segensbringende verborgen, und der Holunder macht einer solchen Beschützerin Ehre: Als „lebendige Hausapotheke des Einödbauern“ liefert er in allen seinen Teilen wertvolle Heilmittel.
Und wieder einmal gelang es der christlichen Kirche sinnvolle Bräuche, da man ja im Holler die heilenden und schöpferischen Kräfte der Natur sah, zu verteufeln und zu verbieten. Seit der Christianisierung war das Opfern an Bäumen unter Strafandrohung verboten. Die Muttergottheit musste als Leuteschinderin herhalten, die die Ernte verdirbt und in den Rauhnächten ihr Unwesen treibt. „Frau Holle ist von vorn her ein fein Weibsmensch, aber hinden her wie ein hohler Baum von rohen Rinden“, hiess es plötzlich in hessischen Hexenakten.
In der Erde wohnte unter dem Hollerbusch, so glaubten die Kelten, der Erdgott Puschkaitis. Er war der Herr über viele Waldwesen wie Holzmännchen oder kobolde, die er losschickte, um die Geschicke der Menschen nach seinem Willen zu lenken. Also oben die Frau Holle als frucht- und segenbringende, und unten Puschkaitis, der Begleiter in die Anderswelt. So war auch in verschiedenen Kulturen der Holunder Begleiter in die Totenwelt. In Norddeutschland gab es den germanischen Brauch dass der Schreiner mit einem frisch geschnittenen Holunderstab das Mass des Toten für den Sarg nahm. Und der Kutscher des Leichenwagens trieb die Pferde nicht mit der Peitsche, sondern mit einem Holunderstock an.
Viele Menschen meinen, naja schön abergläubisch die Menschen damals. Ich aber sage Euch, sie wussten, dass alles was die Schöpfung hervorbringt durchdrungen ist von göttlichem Bewusstsein, und daher auch alles was ist, miteinander verbunden ist. Nennt es Mikrokosmos und Makrokosmos, so wie oben, so auch unten, oder wie immer ihr wollt, aber schaut auch auf unserer Erde einmal um, so richtig meine ich, und ihr werdet wissen was ich meine.
Das Leben findet einen Weg